Als Gestalter, der viel mit Siebdruck, Digitaldruck und klassischen Offset-Aufträgen arbeitet, begegnet mir immer wieder die gleiche Frage: Wie bereite ich Druckdaten richtig vor, damit das Ergebnis so wird, wie ich es mir vorstelle? In diesem Artikel erkläre ich meine Praxis zu Beschnitt (Bleed), Überfüllung/Überdrucken und Farbräumen – praxisnah, ohne unnötiges Fachchinesisch, mit konkreten Einstellungen für InDesign, Illustrator und Photoshop sowie Tipps für die Übergabe an die Druckerei.
Warum diese drei Punkte so wichtig sind
Fehler bei Beschnitt, Überfüllung oder Farbraum führen zu unschönen weißen Rändern, falschen Farbwiedergaben oder aufwendigen Korrekturschleifen. Das kostet Zeit und Geld — und nimmt oft die Kontrolle über das Erscheinungsbild weg. Ich zeige dir, wie du diese Stolperfallen früh vermeidest.
Beschnitt (Bleed): Was und wie viel?
Beschnitt (auf Englisch "bleed") ist die Zone außerhalb des Endformats, die beim Schneiden wegfällt. Du brauchst sie, damit Bilder oder Flächen bis zur Kante reichen, selbst wenn der Schnitt minimal verrutscht.
Meine Faustregel:
Offset/Digitaldruck: 3 mm Beschnitt rundum (manche Druckereien verlangen 2–5 mm).Großformat/Spezialdruck: bis zu 10 mm möglich, je nach Material und Schneidetechnik.Wie du es in den Programmen einstellst:
InDesign: Datei → Dokument einrichten → Beschnitt und Infobereich → überall 3 mm eingeben.Illustrator: Datei → Dokument einrichten → Erweiterte Optionen → Beschnitt hinzufügen.Photoshop: Canvas-Größe erweitern (3 mm pro Seite) oder beim Export als PDF Beschnitt angeben.Wichtig: Platziere wichtige Inhalte wie Texte oder Logos nicht im Beschnittbereich. Halte eine Sicherheitszone (Text-safety) von mindestens 3–5 mm innerhalb des Trimms ein.
Überfüllung / Überdrucken: Was bedeutet das und wann nutzen?
Der Begriff "Überfüllung" wird manchmal als Synonym für Trapping oder Overprint verwendet. Ich unterscheide hier drei Dinge:
Überdrucken (Overprint): Eine Farbe wird über eine andere gedruckt, ohne sie auszusparen. Nützlich bei Schmuckfarben (z. B. Pantone) oder wenn feine Konturen erhalten bleiben sollen.Überfüllung/Trapping: Kleine Überlappungen zur Vermeidung weißer Linien zwischen benachbarten Farbfeldern — wichtig bei mehreren Volltonfarben oder beim Siebdruck.Knockout: Die obere Farbe "kratzt" die untere weg; Standard, aber kann zu Versatz-Rand erzeugen.Praktische Hinweise:
Wenn du feine schwarze Linien über farbige Flächen legst, setze Schwarz auf Überdrucken, damit beim Versatz keine weiße Linie sichtbar wird. In Illustrator/InDesign: Attribut → Überdrucken anwählen.Vermeide Überdrucken bei großen Flächen ohne Absprache mit der Druckerei — das Ergebnis kann dunkler wirken.Nutze Überfüllung/Trapping bei CMYK-Übergängen nur, wenn du genau weißt, wie die Druckmaschine arbeitet. Viele moderne Workflows übernehmen das Trapping in der RIP-Software der Druckerei.Kontrolle: Aktiviere in Acrobat Pro die Überdrucken-Vorschau, um zu sehen, wie das Endergebnis aussehen wird. Das erspart unangenehme Überraschungen.
Farbraum: RGB, CMYK, ICC-Profile und Schmuckfarben
Farben sind der Knackpunkt. Auf dem Monitor leuchten Farben in RGB, gedruckt werden sie in CMYK oder als Sonderfarbe (Pantone). Deshalb ist es wichtig, früh zu denken: Fürs Web gestaltest du in RGB, für Druck in CMYK (oder mit Pantone-Farben).
RGB: Viel Farbraum (z. B. sRGB, Adobe RGB). Gut fürs Digital. Nicht druckbar ohne Konvertierung.CMYK: Druckfarbraum. Standardprofile: ISO Coated v2 (FOGRA39) für gebrauchtes Coated-Papier; neuere FOGRA51/Coated v3 je nach Druckerei.Sonderfarben (Pantone): Wenn du exakte Farben brauchst (Logos, Markenfarben), verwende Pantone- oder HKS-Farben. Ausnahme: Ein Vollton entsteht im Offset als separate Farbplatte.Meine Empfehlungen:
Arbeite vorzugsweise in CMYK, wenn das Endprodukt gedruckt wird. Wenn du in RGB gestaltest, konvertiere am Ende mit dem richtigen ICC-Profil und überprüfe die Softproof-Funktion (InDesign/Photoshop: Ansicht → Proof einrichten).Frage deine Druckerei nach dem gewünschten ICC-Profil (FOGRA39, FOGRA51 etc.). Jede Druckerei hat leicht andere Vorgaben.Für besonders satte schwarze Flächen verwende Rich Black (z. B. C60 M40 Y40 K100) statt nur K100 — aber nur für Flächen, nicht für Text.Schwarzer Text immer als K100 (reines Schwarz) setzen, um Passerprobleme zu vermeiden.Datei-Export: PDF/X und technische Vorgaben
Das gängige Austauschformat ist PDF/X (z. B. PDF/X-1a oder PDF/X-4). PDF/X stellt sicher, dass Schriften eingebettet, Beschnitt definiert und Farbprofile enthalten sind.
PDF/X-1a: Alle Transparenzen stehen flach, CMYK oder Schmuckfarben; empfohlener Standard für ältere Workflows.PDF/X-4: Unterstützt Transparenzen, nutzt ICC-Profile; moderner und flexibler.Wichtig beim Export:
Schnittmarken hinzufügen und Beschnitt definieren (z. B. 3 mm).Schriften einbetten oder in Pfade umwandeln.Bilder auf 300 ppi bringen (bei 100 % Druckgröße). Für große Poster sind 150–200 ppi ausreichend.Transparenzen in PDF/X-1a vorher reduzieren oder PDF/X-4 verwenden.Alle verwendeten Spotfarben korrekt deklarieren (Pantone bleiben als Volltonfarben erhalten).Praktische Checkliste (als Tabelle)
| Aufgabe | Empfehlung |
| Beschnitt | 3 mm rundum (je nach Druckerei 2–5 mm) |
| Sicherheitszone | 3–5 mm Abstand zu wichtigen Elementen |
| Bilder | 300 ppi bei Endgröße (Großformate 150–200 ppi) |
| Farbraum | CMYK mit passendem ICC-Profil; Schmuckfarben für exakte Töne |
| Schwarzer Text | K100, keine Zusatzfarben |
| Schriften | Einbetten oder in Pfade konvertieren |
| PDF-Standard | PDF/X-4 bevorzugt, sonst PDF/X-1a |
| Überdrucken prüfen | Überdrucken-Vorschau in Acrobat aktivieren |
Tipps aus meiner Werkstatt
Ich halte gern ein Proof-Exemplar oder ein Andruck für komplexe Projekte. Gerade bei Sonderfarben oder wenn Fotografien sehr farbintensiv sind, lohnt sich ein Proof. Für den Siebdruck bespreche ich das Raster, die Farbaufbau-Strategie und die Reihenfolge der Farben mit der Werkstatt. Manche Effekte lassen sich nur analog erreichen — dafür sind Tests nötig.
Tools, die ich oft benutze:
Adobe InDesign für Layouts und PDF-Export (PDF/X-4).Adobe Illustrator für Vektoren und Schmuckfarben.Adobe Photoshop für Bildbearbeitung und Softproof.Acrobat Pro zur Überprüfung (Preflight, Überdrucken-Vorschau, PDF/A- und PDF/X-Validierung).Häufige Fehler und wie du sie vermeidest
Ein paar Fallen, die mir oft begegnen:
Fehler: Texte zu nah an der Schnittkante → Ergebnis: abgeschnittene Buchstaben. Lösung: Sicherheitszone einhalten.Fehler: RGB-Dateien direkt zum Druck schicken → Ergebnis: stumpfe, unvorhersehbare Farben. Lösung: In CMYK mit richtigem ICC-Profil konvertieren und Proof prüfen.Fehler: Transparenzen nicht reduziert → Ergebnis: unerwartete Flachungen; manchmal werden Elemente verschluckt. Lösung: PDF/X-4 verwenden oder Transparenzen vorher in der Druckvorstufe prüfen.Wenn du möchtest, kann ich dir anhand einer deiner Druckdateien schnell sagen, ob alles stimmt — schicke mir einfach die PDF/Vorlagendatei. Oder wenn du einen bestimmten Druckprozess (z. B. Siebdruck auf farbigem Papier) planst, schreibe kurz die Details: Papier, Auflage, Druckart. Dann gebe ich konkrete Einstellungen und Testempfehlungen.