Siebdruck ohne Presse klingt für viele nach Kompromiss — für mich ist es eine Möglichkeit, spontan, direkt und sehr materiell zu arbeiten. In diesem Beitrag zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du ein minimalistisches Plakat zuhause im Siebdruckverfahren druckst, ganz ohne teure Presse. Ich schreibe aus meiner Werkstatt-Erfahrung: was funktioniert, worauf du achten musst und welche einfachen Hilfsmittel den Unterschied machen.
Was du vorab wissen solltest
Minimalistische Motive sind ideal für das manuelle Siebdrucken: wenige Farben, klare Formen und große Flächen verzeihen kleine Ungenauigkeiten und sehen gedruckt oft sehr stark aus. Ohne Presse arbeitest du viel mit dem Rakel von Hand — das heißt, die Konsistenz der Farbe, der Druckwinkel und das Anpressen sind entscheidend. Plane etwas Zeit für Tests ein: ein paar Probedrucke sparen später Frust.
Materialliste (Basis)
Hier die Grundausstattung, mit der ich am liebsten arbeite. Du kannst einige Dinge günstiger oder teurer wählen — die genannten Marken sind Anhaltspunkte.
| Material | Beispiel / Marke | Warum wichtig |
|---|---|---|
| Siebrahmen (ca. 43x58 cm oder A2) | Eigenbau oder fertige Holz-/Aluminiumrahmen | Grundlage für den Siebdruck |
| Siebgewebe (z. B. 110–160 T) | Polyester-Siebe | Für scharfe Kanten bei plakativen Motiven |
| Emulsion oder Klebefolien | Fotoreaktive Emulsion / Oramask 831 | Motivübertragung |
| Rakeln (verschiedene Härten) | Speedball, VVV | Zum Durchziehen der Farbe |
| Druckfarbe (Papier) | Permaset Aqua / Speedball Water-Based | Gute Haftung und leuchtende Farben |
| Trägerpapier (Hochformat / 300 g) | Munken, Conqueror | Stabile Oberfläche, wenig Wellenbildung |
| Maskierungsband, Klett oder Flachklemmen | 3M, Tesa | Fixierung und Registrierung |
| Schwämme, Wasser, Reiniger | Green cleaners oder Emulsionsentferner | Reinigung nach dem Druck |
Motivvorbereitung: minimalistisch denken
Für ein minimalistisches Plakat reduziere dein Motiv auf ein bis zwei Farben und auf klare Flächen oder grobe Linien. In Illustrator oder Inkscape arbeite ich mit Vektorflächen, damit Kanten sauber bleiben. Halte halbe Töne und feine Raster eher klein — ohne Presse sind sie schwieriger zu drucken.
Wenn du mit Handsatz oder Lettering arbeitest, kannst du auch getrocknete Cut-Outs oder Schablonen verwenden. Eine sehr einfache Methode ohne Emulsion ist die Arbeit mit selbstklebender Vinylfolie (z. B. Oracal) als Positiv auf dem Sieb — perfekt für grafische Plakate.
Siebung ohne Belichtungsgerät: einfache Alternativen
Die klassische Methode benötigt eine belichtete Emulsion. Wenn du kein Belichtungs-Setup hast, gibt es praktikable Wege:
- Vinyl-Stencil (Oramask/Oracal): Schneide dein Motiv mit einem Plotter oder Messer aus Oracal-Folie und klebe es direkt auf das fein gereinigte Sieb. Dort, wo die Folie klebt, bleibt die Farbe draußen. Das ist sehr sauber für geometrische Motive.
- Handgeschnittene Schablonen: Papierschablonen mit Sprühkleber oder Montagekleber können bei einfachen Motiven gut funktionieren.
- Alternative Belichtung: Mit Sonnenlicht + Glasplatte + Lampen kannst du Emulsion belichten. Das klappt, erfordert aber Tests: Sonnenlicht ist inkonsistent, aber bei klarer Sonne möglich.
Aufbau und Registrierung ohne Presse
Ohne Presse brauchst du eine feste, plan liegende Arbeitsfläche. Ich arbeite auf einer 1–2 cm dicken Multiplexplatte, die auf Arbeitstisch mit rutschfesten Unterlagen liegt. Fixiere das Papier mit leicht klebendem Masking Tape — so bleibt es in Position, aber lässt sich unbeschädigt abziehen.
Für die Registrierung empfehle ich eine einfache T‑Form aus Karton oder Papier, die du an zwei Ecken deines Bogens anlegst. Markiere die Position des Siebs auf der Arbeitsfläche mit Klebeband. So findest du die Wiederholgenauigkeit, wenn du mehrere Drucke machst oder verschiedene Farben übereinander legen willst.
Der Druckvorgang: Schritt für Schritt
Ich erkläre hier das Handziehen mit Rakel:
- Lege das Papier an der markierten Position auf die Arbeitsplatte und fixiere es.
- Setze das Sieb lose auf das Papier, richte es an deinen Referenzpunkten aus und fixiere das Sieb mit zwei kleinen Klemmen oder Klebeband an einer Seite — so lässt sich das Sieb wie eine Scharnierklappe anheben.
- Gib eine Bahn Farbe oben auf das Sieb (die Länge der Bahn entspricht der Bildbreite).
- Halte den Rakel mit etwa 45° Neigung. Ziehe die Farbe mit kräftigem, gleichmäßigem Druck über das Motiv — einmal vorstreichen und dann ein zweites Mal ziehen für ein deckenderes Ergebnis.
- Heb das Sieb langsam an, um den Druck zu prüfen. Lege das Papier danach vorsichtig zum Trocknen auf ein sauberes Stapelbrett.
Farben, Deckkraft und Mischtechniken
Wasserbasierte Farben (Permaset, Speedball) sind für Posterpapier gut geeignet: sie trocknen matten, haben oft eine schöne Leuchtkraft und lassen sich leicht reinigen. Für extra Opazität kannst du die Farbe mit einem leichten Pastösen-Medium andicken. Weiße Farbe braucht oft mehrere Durchgänge oder eine sehr pastöse Konsistenz, um auf dunkleren Papieren zu decken.
Für mehr Tiefe: Drucke zuerst die hellere Farbe und danach die dunklere — beim Überrucken entstehen interessante Farbmischungen. Teste immer die Trocknungszeiten, damit die Farbschichten nicht verschmieren.
Tipps für saubere Kanten und gleichmäßige Flächen
- Sauberes Sieb vor jedem Druck: Staub und Fasern verursachen Unregelmäßigkeiten.
- Gleichmäßiger Rakeldruck: Übe vorher auf Restpapier – Konstanz ist wichtiger als Kraft.
- Wenn du mit selbstklebenden Schablonen arbeitest, achte auf Blasenfreiheit; sonst laufen Ränder unter.
- Arbeite in kleinen Chargen: 10–20 Drucke sind ohne Presse gemütlich machbar; mehr erfordert viel Geduld.
Reinigung und Haltbarkeit
Reinige Sieb und Rakel sofort nach dem Druck mit Wasser (bei wasserbasierten Farben) und einer weichen Bürste. Bei hartnäckiger Farbe hilft ein speziell entwickelter Emulsions- und Farbentferner. Achte auf Umweltfreundlichkeit und entsorge Reste entsprechend den lokalen Vorschriften.
Die Haltbarkeit deines Plakats erhöht sich, wenn du das Papier vor dem Drucken leicht mit Kalziumsulfat (Füller) vorbereitest — meist nicht nötig, aber bei sehr rauem Papier sinnvoll. Ein Fixativ ist bei wasserbasierten Papierdrucken selten nötig.
Fehlerbehebung: Was tun, wenn…
- …die Farbe nicht deckt? Nutze eine pastösere Farbe oder mehrere Druckdurchgänge.
- …Kanten ausfransen? Siebreinigung, höhere Gewebespannung oder schärfere Schablone helfen.
- …es gibt Streifen im Druck? Rakelwinkel, ungleichmäßiger Druck oder unzureichende Farbmengen sind meist Ursachen.
Siebdruck ohne Presse ist ein Dialog mit Material und Werkzeug — man lernt mit jedem Druck dazu. Für minimalistisches Plakatdesign ist diese Arbeitsweise ideal: schnell, haptisch und mit einem sichtbaren, einzigartigen Charakter. Wenn du magst, kannst du mir gern Fotos deiner ersten Ergebnisse schicken oder Fragen zu bestimmten Schritten stellen — ich antworte gerne mit konkreten Tipps aus meiner Werkstatt.