Farben entscheiden oft im ersten Moment, ob ein Entwurf stimmig wirkt oder nicht. In meinem Alltag als Plakatgestalter teste ich Farbwirkungen nicht nur am Bildschirm — häufig reicht mir Photoshop nicht, ich will etwas Greifbares, Schnelles und Experimentelles. In diesem Beitrag zeige ich dir, wie ich effektive Mockups ohne Photoshop erstelle, welche Materialien und digitalen Tools ich kombiniere und wie du mit einfachen Mitteln realistische Farbtests machst.

Warum Mockups ohne Photoshop sinnvoll sind

Photoshop ist mächtig, aber nicht immer notwendig. Oft braucht es kein pixelgenaues Compositing, sondern eine schnelle, haptische Einschätzung der Farbwirkung. Ich möchte sehen, wie Farben gedruckt aussehen, wie sie sich im Raum schlagen oder wie sie auf unterschiedlichem Papier reagieren. Außerdem ist der Prozess ohne Photoshop schneller, günstiger und eröffnet kreative Zufälle — Collagen, echte Lichtreflexe und Materialstrukturen, die digital schwer zu simulieren sind.

Materialien, die ich immer griffbereit habe

Für meine Low-Tech-Mockups nutze ich meist einfache Dinge, die du in jedem Atelier findest:

  • verschiedene Papiere (Naturpapier, gestrichenes Papier, Recyclingkarton)
  • Farbige Papiere und Tonkartons
  • Transparentfolie oder Pergamentpapier
  • Acrylfarben, Aquarell oder Marker für schnelle Flächen
  • Klebeband, Schere, Cuttermesser
  • Kamera oder Smartphone mit guter Kamera
  • LED-Lampe oder Tageslicht (für unterschiedliche Lichtstimmungen)
  • Drucker (Tintenstrahl oder Laserdrucker) — für realistische Drucktests
  • Grundlegende Methoden: drei schnelle Wege

    Ich unterscheide drei einfache Herangehensweisen, je nachdem, wie genau das Ergebnis sein soll:

  • Physische Farbflächen — Farben mischen und direkt auf Papier testen.
  • Analoge Collagen-Mockups — ausgeschnittene Formen auf Hintergrund montiert und fotografiert.
  • Digitale Low-Tech-Mockups — einfache Composings in Canva, PowerPoint oder Figma, gedruckt und fotografiert.
  • Physische Farbflächen: so teste ich Farbtöne und Kontraste

    Wenn ich lediglich wissen möchte, ob zwei Farbtöne harmonieren oder wie eine Farbe auf einem bestimmten Papier wirkt, male ich Farbfelder. Das geht schnell und liefert oft überraschende Erkenntnisse:

  • Schneide kleine Karten (z. B. 5 × 7 cm) aus den verschiedenen Papierarten zu.
  • Male die Flächen mit Acryl oder Marker, mehrere Schichten für satten Ton.
  • Beschrifte die Karten auf der Rückseite mit Farbrezept oder CMYK/Wert, falls du mischst.
  • Lege Karten nebeneinander, fotografiere sie bei natürlichem Licht und betrachte Varianten auf dem Bildschirm und in der Hand.
  • Warum das wirkt: Die Materialität verändert die Farbwahrnehmung massiv. Eine gelbe Fläche wirkt auf Recyclingpapier matter und wärmer als auf weiß gestrichenem Papier. Solche Unterschiede erkenne ich nur, wenn ich die Oberfläche sehe und anfassen kann.

    Analoge Collagen-Mockups: Raumwirkung und Komposition

    Für Plakate oder Poster baue ich gerne Bühnen: Ich schneide Motive aus, schichte Papiere und nutze reale Schatten. Das gibt mir ein Gefühl für Proportionen und wie Farben im Raum wirken.

  • Baue einen neutralen Hintergrund (z. B. ein großes Stück Karton oder eine bemalte Leinwand).
  • Schneide deine Elemente (Typo, Formen, Illustrationen) aus dem Druck oder zeichne sie auf farbigem Papier.
  • Positioniere alles mit ablösbarem Klebeband und variiere die Reihenfolge der Schichten.
  • Nutze eine einzelne Lichtquelle (Lampe), um Schatten zu erzeugen — das beeinflusst die Farbwahrnehmung stark.
  • Fotografiere mehrere Einstellungen aus verschiedenen Winkeln.
  • Die fotografierten Ergebnisse kannst du anschließend digital leicht nachschneiden oder direkt als Mockup präsentieren. Mir gefällt diese Methode, weil sie Fehler zulässt und oft ästhetische Unvollkommenheiten hervorbringt, die ich bewusst einsetze.

    Digitale Low-Tech-Mockups: Canva, Figma, PowerPoint

    Wenn ich schnell mehrere Farbvarianten präsentieren muss, arbeite ich ohne Photoshop mit Tools wie Canva, Figma oder PowerPoint. Diese Programme erlauben schnelles Anlegen von Farbflächen, Typo-Versuchen und einfachen Schatten.

  • Erstelle in Figma eine einfache Ebene mit deinem Layout (Postergröße, Plakat-Proportionen).
  • Lege Farbstile an und wechsle sie systematisch (z. B. 10 Varianten).
  • Exportiere die Varianten in hoher Auflösung und drucke sie auf unterschiedlichen Papieren.
  • Fotografiere die gedruckten Varianten in situ (an der Wand, im Schaufenster) — die Kombination von Druck und Fotografie bringt reale Lichtreflexe ins Spiel.
  • Wenn du mit Canva arbeitest, nutze die Ebenen-Funktion für Overlays und Texturen. PowerPoint ist überraschend leistungsfähig für schnelle Mockups: Ebenen, Transparenzen und Schatten lassen sich leicht einstellen und exportieren.

    Praktische Tricks für realistische Ergebnisse

    Overlays, Licht und Papier sind die Schlüssel. Hier meine erprobten Tricks:

  • Arbeite mit Transparentfolien oder Pergament als Overlays — sie verändern Sättigung und Tiefe der darunterliegenden Farbe.
  • Verwende echtes Glas oder Acryl als Vordergrund, um Reflexionen zu erzeugen.
  • Fotografiere bei verschiedenen Lichttemperaturen (kalt/warm) — die gleiche Farbe wirkt komplett anders unter Glühlampe vs. Tageslicht.
  • Nutze ein neutrales Grau als Referenz im Bild, damit du Weißabgleich und Farbwiedergabe beurteilen kannst.
  • Bei digitalen Modellen drucke immer Probedrucke; Monitorfarben weichen häufig vom Druck ab.
  • Messbare Tests: Wie ich Farbtöne dokumentiere

    Wenn ein Projekt weitergeht, dokumentiere ich meine Tests, damit Entscheidungen nachvollziehbar sind:

    TestWann ich ihn nutzeWas ich dokumentiere
    FarbkarteFrühe KonzeptphasePapier, Farbmischung, Foto
    Collage-FotoRaumwirkung & KompositionAufbaufoto, Lichtquelle, Abstand
    Gedruckte VariantenEndgültige AuswahlDrucker, Papiertyp, Farbprofile

    So kann ich später zu einer bestimmten Variante zurückkehren oder Änderungen nachvollziehen. Für Kundenpräsentationen ist das Gold wert: Statt abstrakter Hex-Codes zeige ich echte Muster.

    Digitale Ergänzungen ohne Photoshop

    Manchmal kombiniere ich meine Fotos mit einfachen digitalen Anpassungen (Crop, Weißabgleich, leichte Tonwertkorrektur). Dafür nutze ich Lightroom, die Fotos-App oder die Bildbearbeitung in Figma/Canva. Diese Schritte helfen, das Foto neutral darzustellen, ohne in komplexes Compositing abzurutschen.

    Tipps für schnelle Entscheidungen

  • Arbeite in Serien: 3–5 Varianten sind meist genug, zu viele verwirren.
  • Nutze einen neutralen Raum zur Beurteilung, damit Umgebungsfarben nicht stören.
  • Beziehe das Druckverfahren in die Entscheidung mit ein: Siebdruck, Offset oder Digitaldruck wirken sehr unterschiedlich.
  • Teste Farbpaarungen auch in Graustufen — Kontrast ist oft wichtiger als Farbe.
  • Am Ende geht es um das Gefühl: Wenn eine Kombination in der Hand und im Raum überzeugt, ist sie meistens die richtige Wahl.