Eine Poster-Serie zu planen heißt für mich nicht nur, mehrere schöne Motive nebeneinander zu stellen. Es geht darum, eine gemeinsame visuelle Sprache zu entwickeln, die jedes einzelne Plakat stärkt und zugleich die Serie als Ganzes erkennbar macht. In diesem Artikel teile ich meine Herangehensweise und praktische Regeln zu Farbe und Typografie, damit deine Motive kohärent wirken — egal ob du eine kleine Serie für eine Ausstellung, einen Auftraggeber oder ein freies Projekt gestaltest.

Warum kohärente Regeln wichtig sind

Wenn Poster einzeln betrachtet funktionieren, ist das schön. Wenn sie aber zusammen hängen und eine Reihe bilden sollen, können unterschiedliche Farbwelten und Typen die Wirkung zerstückeln. Ich habe oft erlebt, dass eine Serie erst dann funktioniert, wenn ein paar klare Beschränkungen eingeführt werden. Beschränkungen schaffen Identität. Sie erleichtern Entscheidungen während des Gestaltungsprozesses und sorgen dafür, dass die Serie als Einheit gelesen wird.

Die drei Säulen meiner Poster-Serien

Ich arbeite meist mit drei festen Regeln, die während des gesamten Projekts gelten:

  • Ein Farbkonzept mit Haupt- und Akzentfarben
  • Ein Typografisches System aus maximal zwei bis drei Schriftschnitten
  • Ein wiederkehrendes kompositorisches Element (z. B. Rastersystem, markanter Bildausschnitt, Rahmen)

Farbregeln planen — so gehe ich vor

Startpunkt ist meist eine Farbpalette mit 3–5 Farben, die ich in Gruppe(n) aufteile:

  • Primärfarbe — dominierend für Hintergrund oder große Flächen.
  • Sekundärfarbe — für große Akzente, Balken oder Flächen, die abwechselnd in Motiven verwendet werden.
  • Akzentfarbe(n) — für Hervorhebungen, kleine Elemente oder Typo-Highlights.

Ich bevorzuge eine starke Primärfarbe, die sofort die Serie markiert. Bei einem Kulturplakat-Projekt etwa nutzte ich ein kräftiges Ocker als Primärton, ein kühles Blau als Sekundärfarbe und ein sattes Schwarz/Weiß für Typografie. Das Ocker tauchte in jedem Plakat auf — mal als Fläche, mal als Akzent — und verband die Motive visuell.

Praktischer Tipp: Lege die Palette als CMYK- und RGB-Werte fest, sowie Hex-Codes für Web. Wenn du mit Siebdruck arbeitest, definiere Pantone-Farben oder Mischformeln, damit die Farben reproduzierbar bleiben.

Farbvariationen innerhalb der Serie

Es reicht, wenn nicht jedes Plakat genau dieselbe Farbkombination hat. Eine gute Strategie ist, für jedes Motiv eine primäre Paarung aus Primär- und Sekundärfarbe festzulegen und dabei die Akzentfarben rotierend einzusetzen. So entsteht Vielfalt innerhalb eines klaren Rahmens.

PlakatHintergrundHauptfarbeAkzent
Motiv AOckerBlauSchwarz
Motiv BBlauWeißOcker
Motiv CWeißOckerBlau

Typografische Regeln — weniger ist mehr

Typografie ist für mich eines der wichtigsten verbindenden Elemente. Eine reduzierte, konsequent angewendete Typo-Hierarchie macht oft mehr aus als viele Schriftwechsel.

Meine Regel lautet meist:

  • Hauptschrift (für Titel): eine markante, charakterstarke Schrift — z. B. eine serifenlose Grotesk mit Persönlichkeit oder eine kräftige Slab Serif.
  • Begleit- bzw. Fließtext: neutrale Schrift, die gut lesbar ist — etwa eine humanistische Sans oder eine serifenbetonte Schrift für Editorial-Charakter.
  • Akzente: maximal eine dekorative oder handgeletterte Variante, sparsam einsetzen.

Beispiel: Für eine Serie wähle ich oft Neue Haas Grotesk (oder eine ähnliche Grotesk) als Headlineschrift und Minion Pro oder eine zurückhaltende Sans als Fließtext. Headlines in Großbuchstaben (oder eine klare Caps-Regel) verhelfen zu einem starken Wiedererkennungseffekt.

Schriftgrößen und Abstandssystem

Lege eine feste Hierarchie für Größen und Zeilenabstände fest: z. B. Headline 72 pt, Subline 36 pt, Body 12 pt. Diese Werte musst du nicht starr einhalten, aber sie dienen als Leitplanken. Wichtig ist, dass in jedem Plakat der gleiche relative Abstand (Grid) und die gleiche Ausrichtung verwendet werden — das ist oft das entscheidende Bindeglied.

Raster und Kompositionsregeln

Ein Raster ist mein bester Freund bei Serien: Es schafft Ordnung und macht die Serie lesbar. Du kannst ein einfaches 12-Spalten-Raster verwenden oder ein Modulraster für präzise Platzierungen.

Wiederkehrende Elemente, die ich nutze:

  • ein fester Seitenrand oder „weißer Rahmen“
  • ein Bildausschnitt mit identischem Beschnitt (>90%)
  • ein wiederkehrender Balken oder Punkt, der als Signatur dient

Diese Elemente müssen nicht immer prominent sein — oft reicht eine subtile Wiederholung, um die Serie zu verbinden.

Bildsprache und Materialität

Die Bildsprache sollte ebenfalls Regeln folgen: fotografisch vs. illustrativ, Tonalität (kontrastreich, pastellig), Textur (glatt, körnig, Siebdruck). Wenn du mittig mit analogem Siebdruck arbeitest, kann die sichtbare Titel- und Farbstruktur ebenfalls verbindend wirken. Ich kombiniere manchmal digitale Collagen mit grob geschnittenen Papierresten, die in jedem Plakat auftauchen — das gibt der Serie eine handgemachte Signatur.

Praktische Checkliste bevor du druckst

  • Palette finalisieren + Farbreferenzen (Pantone/CMYK/Hex/RGB)
  • Typo-Hierarchie dokumentieren (Schriftarten, Schriftschnitte, Größen)
  • Raster und Abstandsvorgaben anlegen
  • Wiederkehrende Elemente definieren (Logo, Balken, Rand)
  • Proofs digital und — wenn möglich — analog (Testsiebdruck oder Papiermuster) überprüfen

Fehler, die ich gelernt habe zu vermeiden

Ein häufiger Fehler ist zu viele Farben oder Schriften zu erlauben. Ein anderes Problem ist fehlende Dokumentation: Wenn du die Regeln nicht aufschreibst, verlierst du die Kohärenz schnell, besonders wenn mehrere Personen an der Serie arbeiten. Schreibe also ein kurzes Style-Sheet — das hat mir bei Auftragsprojekten sehr geholfen.

Tools und Materialien, die ich empfehle

  • Digital: Adobe Illustrator/Indesign für Layout + Farbmanagement; Figma für schnelle Prototypen.
  • Schriften: Typen von Foundries wie Commercial Type oder Klim Type Foundry bieten charakterstarke, professionelle Schriften.
  • Analog: für Siebdruck: feste Siebdruckfarben (z. B. Speedball), gutes Papier (Munken, Fedrigoni) und Testdrucke.

Wenn du magst, kannst du mir ein Foto deiner Entwürfe schicken — ich schaue gern drauf und gebe konkrete Hinweise zu Farb- und Typoregulierungen. In meinen Tutorials auf Klingenberg Plakat zeige ich außerdem Schritt-für-Schritt-Prozesse, wie man Farbkombinationen testet oder sinnvolle Typo-Hierarchien baut. Viel Spaß beim Gestalten — und denk daran: klare Regeln eröffnen kreative Freiheit, nicht Einschränkung.